Hanns Eisler

6. Juli 1898 Leipzig
6. September 1962 Ost-Berlin

Hanns Eisler wurde am 06. September 1898 in einer deutsch-jüdischen Familie als Sohn des Philosophieprofessors Rudolf Eisler geboren. 1901 zog die Familie nach Wien. Bereits in seiner Kindheit begeisterte er sich für Musik und schrieb seine ersten Kompositionen im Alter von 10 Jahren. Aufgrund der dürftigen Mittel der Familie brachte er sich musikalische Kenntnisse vorallem autodidaktisch oder zusammen mit dem Vater bei.
Nach Beendigung der Schule erhielt Eisler 1916 den Einberufungsbefehl. Da sein Bruder Gerhart ab 1914 eine Antikriegszeitung herausgab, galt die Familie als politisch verdächtig und Eisler wurde nach zweifacher Befehlsverweigerung in ein ungarisches Infanterieregiment berufen. Hier sollte die Möglichkeit zur politischen Agitation des als Sozialisten geltenden Eisler schon allein durch die Sprachbarriere gehemmt werden. Während seines Kriegsdienstes komponierte er das Stück "Gegen den Krieg" und verfolgte begeistert die Ereignisse der Oktoberrevolution. Im Dezember 1918 kehrte er nach Wien zurück und lebte in ärmlichen Verhältnissen. Obwohl Eisler nicht selber in sozialistischen Organisationen Mitglied war, verkehrte er stets in ihrem Umfeld. Seine Geschwister Elfriede und Gerhart organisierten sich bei der am 03. November 1918 gegründeten Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) und an seinem Wohnort in den Militärbaracken am Wiener Stadtrand lebten einige Mitglieder des Zentralkomitees der kommunistischen Partei Ungarns. Eisler lebte hier eine zeitlang mit ungarischen kommunistischen Schriftsteller Bé1a Illés und dem marxistischen Philosophen Georg Lukács zusammen. Anfang 1919 schrieb er sich für ein Studium der Komposition am Wiener Konservatorium ein und lernte bis 1923 auch privat bei namhaften Komponisten. Obwohl er am 30. April 1925 den Kunstpreis der Gemeinde Wien erhielt, gelang es ihm nicht als Komponist seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, sodass er 1925 seinen mittlerweile in der KPD verankerten Geschwistern nach Berlin folgte, um einen Lehrauftrag am Klindworth-Schwarwenka-Konservatorium zu übernehmen.
In Berlin beschäftigte sich Eisler nicht nur mit Kompositionen, sondern auch mit der Rolle der Kultur in der Agitation und Propaganda der Arbeiterbewegung und pflegte weiterhin Kontakte in kommunistsiche Kreise. Zwar wurde sein 1926 gestellter Antrag auf Mitgliedschaft in der KPD abgelehnt, er komponierte jedoch weiter für Arbeiterchöre und Agitpropgruppen wie "Das Rote Sprachroh", veröffentlichte Artikel im Zentralorgan der KPD "Die Rote Fahne" und hielt Vorlesungen an der Marxistischen Arbeiterschule (MASCH). Eisler war maßgeblich daran beteiligt den Deutschen Arbeiter-Sängerbund, in dem zwar mehr als 450.000 Mitglieder vereint waren, aber der sich in seinem Repertoire nicht besonders von bürgerlichen Gesangsvereinen unterschied, auf proletarische, kämpferische Musik und Kultur zu orientieren. Besonders mit Ernst Busch verband ihn ab 1929 eine fruchtbare Beziehung in der Komposition von Kampfliedern der Arbeiterklasse. Als Delegierter der kommunistischen Interessensgemeinschaft für Arbeiterkultur reiste Eisler 1930 erstmalig nach Moskau. Ebenfalls 1930 traf Eisler auf Bertolt Brecht, mit dem er in Zusammenarbeit mit Kurt Weill und Paul Hindemith zum einen das avantgardistische Konzept der Lehrstücke (Ausbruch aus dem klassischen Theater und reformpädagogische Ziele) und zum anderen das bedeutende aber aufgrund von lange wirksamen Aufführungsverboten weithin unbekannte Werk "Die Maßnahme" entwickelte. Zusammen mit dem Brecht Kreis brachte Eisler bis 1933 einige der bedeutendsten Bühnenstücke und Kampflieder der Arbeiterklasse hervor bis die polizeilichen Repressionen das Wirken der Kulturschaffenden so gut wie verunmöglichte.
Ab 1933 hielt sich Eisler hauptsächlich im Exil auf und emigrierte in die damalige Tschechoslowakei, lebte in Paris, London, Wien, den Niederlanden oder Belgien. 1935 unternahm er eine Vortrags- und Konzertreise durch die USA und organisierte die ersten Arbeitermusik- und Gesangsolympiade in Strasbourg. In Spanien und der Tschechoslowakei komponierte er ebenfalls Lieder für die Internationalen Brigaden. Er hielt sich wieder in Paris, Dänemark und Prag auf, bevor er in die USA emigrierte und an der New School for Social Research lehrte. Ab 1942 lebte er in Hollywood (Los Angeles). Hier arbeitete er eneut mit Bertolt Brecht zusammen, war musikalischer Assistent von Charlie Chaplin und lehrte Musik an der University of Southern California. 1943 und 1944 erhielt er den Preis der Akademie für Filmkunst für die beste Filmpartitur. Nach Kriegsende und mit Beginn des Kalten Krieges wurde Hanns Eisler 1947 vor das Kongreßkomitee zur Untersuchung unamerikanischer Tätigkeiten vorgeladen, anschließend verhaftet und 1948 aus den USA ausgewiesen.
Hanns Eisler kehrte somit 1948/49 nach Wien zurück und übernahm dort eine Lehrtätigkeit. Musikalisch konnte er in der Stadt jedoch erneut nicht Fuß fassen und als politisch denkender und handelnder Künstler war er bis auf seine Kontakte zur ihn unterstützenden KPÖ, zunehmend isoliert. 1949 zog er daher wieder nach Berlin, traf sich mit Kulturschaffenden wie Johannes R. Becher und Thomas Mann und beteiligte sich am Aufbau des Kulturbetriebs Ostdeutschlands. So war er ab 1949 mit den Vorbereitungen zur Gründung der Deutschen Akademie der Künste beschäftigt, deren Gründungsmitglied er 1950 war. Er bekleidete außerdem eine Professur und leitete eine Meisterklasse an der Hochschule für Musik Berlin. Aus seiner Feder entstanden in den Folgejahren viele bekannte Lieder der Arbeiterklasse im Aufbau des Sozialismus wie das "Einheitsfrontlied" und das "Solidaritätslied". Zwei Monate nach Eislers Umzug nach Pankow-Niederschönhausen vollzog sich die Teilung Deutschlands. Auf einer gemeinsamen Fahrt zu einer Goethe Feier in Warschau 1949 trat Johannes R. Becher mit der Bitte an Eisler heran, für ein selbstverfasstes Gedicht eine Melodie zu komponieren, was die Geburtsstunde der späteren DDR-Nationalhymne "Auferstanden aus Ruinen" war. 1952 wurde Hanns Eisler außerdem zum Präsidenten des Musikrats der DDR ernannt. Ebenfalls 1952/53 geriet Hanns Eisler jedoch in scharfe kulturpolitische Streitigkeiten rund um seine nur in Fragmenten fertiggestellte Oper "Johannes Faustus". Zu dieser Zeit wurde in der DDR der sogenannte "Formalismusstreit" ausgetragen, in der (Kultur-)Politiker sowie Kunst- und Kulturschaffende, aber auch einfach Arbeiter darüber debattierten, in welcher Art und Weise sich sozialistische Kunst im Gegensatz zum "westlich-dekadenten Kunstbetrieb" darstellen sollte. Trotz der Konflikte und scharfen Auseinandersetzungen, die zeitweise dazu führten, dass sich Eisler wieder viel in Wien aufhielt, bezog er sich weiter positiv auf die DDR, blieb in Kontakt mit Brecht und anderen Kulturschaffenden und komponierte Musikstücke für Filme und Bühnenvorführungen sowohl in der DDR als auch in Wien oder Frankreich. Nachdem sein langjähriger Begleiter Brecht 1956 starb, führte Eisler die zuvor mit ihm besprochenen Projekte fort und wirkte bis zuletzt an namhaften Werken der DDR-Kultur sowie internationalen Kulturerzeugnissen mit. 1959 wurde ihm außerdem die Deutsche Friedensmedaille verliehen.
Hanns Eisler starb im Alter von 64 Jahren in Berlin an einem Herzanfall.
 
Text: [107; 210]


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