August Bebel

22. Februar 1840 Deutz bei Köln
13. August 1913 Passugg (Schweiz)

Ferdinand August Bebel wurde am 22. Februar 1840 in ärmlichen Verhältnissen als Sohn eines Unteroffiziers geboren. Sowohl sein Vater als auch sein Stiefvater (dessen Zwillingsbruder) starben frühzeitig und die verwitwete Mutter zog mit ihren Kindern nach Wetzlar. Dort besuchte August Bebel die Volksschule. 1853 verstarb auch seine Mutter. Aufgrund der finanziellen Notlage musste Bebel seinen Wunsch zum Bergbaustudium aufgeben und lernte von 1854 bis 1857 das Drechslerhandwerk und trat ab 1858 seine Gesellenwanderung an. 1860 zog er nach Leipzig.
In Leipzig, welches zur damaligen Zeit Mittelpunkt des Vereinswesens der Arbeiter und Handwerker war, fand er Arbeit in einer größeren Werkstatt und trat 1861 dem kürzlich gegründeten Gewerblichen Bildungsverein bei. In diesem organisierten sich auch eine Reihe anderer Persönlichkeiten der frühen Arbeiterbewegung so wie Friedrich Wilhelm Fritzsche, Otto Dammer oder Julius Vahlteich. Ab 1862 war August Bebel hier Zweiter und von 1865 bis 1872 Erster Vorsitzender und erweiterte seine bis dahin im Selbststudium erworbene Bildung. Dass Vahlteich und Fritzsche im Jahr 1862 versuchten dem Gewerblichen Bildungsverein eine eher politische Orientierung zu geben, lehnte Bebel zunächst ab und beführwortete, dass sie ausgeschlossen wurden, was in der Gründung des Vereins "Vorwärts" mündete. Der Bewegung rund um den genossenschaftlichen Sozialisten Ferdinand Lassalle, welche im Mai 1863 in der Gründung des Alllgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) mündete, stand Bebel ebenfalls ablehnend gegenüber. Er vertrat die Ansicht, die Arbeiter seien noch nicht politisch reif genug und engagierte sich stattdessen im von den Liberalen als Gegenreaktion dazu formierten Vereinstag Deutscher Arbeitervereine (VDAV). Er wurde dort 1864 zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.
In der folgenden Zeit blieb Bebel ein Gegner Lassalles, wandte sich jedoch durch das Studium dessen Schriften und weiterführend der Schriften von Marx und Engels sowie wachsender sozialer Konflikte vom bürgelichen Liberalismus ab hin zum Sozialismus. Die Begegnung mit Wilhelm Liebknecht 1865 bestärkte ihn darin und er nahm dessen Grundthese an, dass der soziale und politische Kampf der Arbeiter eine Einheit ist und sich die Arbeitervereine daher auch von den Liberalen lösen müssten. In den folgenden Jahren verband sich der Kampf Liebknechts und Bebels unzertrennlich. Zusammen mit Liebknecht gründete Bebel 1866 die radikaldemokratische Sächsische Volkspartei und schloss sich der sozialistischen Internationalen Arbeiterassoziation (IAA) an. Innerhalb des VDAV setzte er sich dafür ein, dass der Verein sich der Internationale anschloss und ihr Programm annahm. Mit Erfolg dessen kam es zur Abspaltung von der liberalen und bürgerlichen Demokratie. Zeitgleich entwickelte sich im ADAV eine Kritik am als diktatorisch bezeichneten Führungsstil dessen langjährigen Präsidenten und zahlreiche Mitglieder wechselten in das Lager Bebels und Liebknechts. Am 08. August 1869 schlossen sich auf dem Parteitag von Eisenach der VDAV, ehemalige Mitglieder des ADAV und die Sächsische Volkspartei unter Bebels Vorsitz zur Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) zusammen.
Im Februar 1867 wurde Bebel in den konstituierenden Reichstag gewählt. Dabei handelte es sich noch nicht um ein Parlament, sondern um ein verfassungsvereinbarendes Gremium zur Gründung des Norddeutschen Bundes - des ersten deutschen Bundesstaates. Auch dem ersten ordentlichen Reichstag sowie den späteren Reichstagen gehörte er bis zu seinem Tod im Jahr 1913 an. Die parlamentarische Arbeit bewertete er anders als sein Genosse Liebknecht nicht nur als politisches Propagandamittel, sondern auch ein Instrument zur Verbesserung der Lage der Arbeiter.
Der Beginn des Deutsch-Französischen Krieges (1870) führte nicht nur zum Beitritt der süddeutschen Staaten zum Norddeutschen Bund und damit zur Bildungs des "Deutschen Reichs" sondern auch zu einer innerparteilichen Krise. Liebknecht und Bebel traten als Kriegsgegner hervor und standen damit dem obersten Parteigremium, welche den Krieg als Verteidigungskrieg erachteten, entgegen. Zu Ende des farnzösischen Kaiserreichs und nach der französischen Niederlage in der Schlacht bei Sedan wandelte sich jedoch die Parteimeinung, sie forderte fortan das Ende des Krieges und stimmte gegen die Kriegskredite, woraufhin Bebel und mit ihm die gesamte Partei als "Vaterlandsverräter" galten. Auch aufgrund seiner positiven Äußerungen zur Pariser Kommune war Bebel und auch Liebknecht  Bismarck ein Dorn im Auge und bestärkten ihn darin, dass es sich bei den Sozialisten um staatsgefährdende Revolutionäre handele. Die SDAP wurde daraufhin unter polizeiliche Beobachtung gestellt. Bereits 1870 wurden Liebknecht, Bebel und der Redakteur der Parteizeitung "Volksstaat" festgenommen und wegen "Hochverrats" in Untersuchungshaft gesteckt. Nach 102 Tagen wurden die Angeklagten zwar aus Mangel an Beweisen freigelassen, 1872 folgte jedoch ein Schauprozess, in dem ihnen vorgeworfen wurde, ihre politischen Ziele mit Gewalt erreichen zu wollen. In Folge des "Hochverratsprozesses" wurden Bebel und Liebknecht zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt und das Reichtagsmandat wurde ihnen aberkannt. Die Zeit in Haft nutzten beide Revolutionäre, um sich körperlich von den vergangenen Jahren zu erholen und sich weiterzubilden. Beide bedauerten jedoch während dieser Zeit nicht aktiv politisch mitwirken zu können, grade da sich zwischen ADAV und SDAP Einigungsbemühungen abzeichneten. Am 27. Mai 1875 vereinigten sich die beiden Organisationen unter dem Gothaer Programm zur SAP, wobei jedoch nach Ansicht von Marx, Engels und auch dem noch inhaftierten Bebel zu viele Kompromisse an die Ideen Lassalles gemacht wurden. Diese hoffte Bebel durch weitere Bildung seiner Parteigenossen zu überwinden.
Die folgenden Jahre Bebels waren geprägt von politischen Kämpfen und Repressionen durch die Herrschenden des "Deutschen Reiches". Neben vereinzelten kürzeren Haftaufenthalten, war die Einführung des Sozialistengesetzes besonders einschneidend. Die beiden Attentaten auf Kaiser Wilhelm I. im Jahr 1878 lastete der damalige Reichskanzler Otto von Bismarck erfolgriech den Sozialdemokraten an. Nicht nur ging der Umsatz in Bebels Firma zurück, auch büßte die Sozialdemokratie einige Stimmen und Mandate bei den Reichstagswahlen am 30. Juli 1878 ein. Im selben Jahr verabschiedete der Reichstag das Sozialistengesetz, mit dem die sozialdemokratische Partei und ihre Nebenorganisationen wie etwa Gewerkschaften sowie Zeitschriften verboten wurden. Führende Parteiangehörige wurden aus Berlin ausgewiesen. Bebel leistete in dieser Zeit einen Großteil der Arbeit zum Erhalt der Partei, da er durch sein Mandat vor dem Sozialistengesetz geschützt war. Er organisierte Geldsammlungen gegen die Repressionen und war als Redner und Organisator tätig. Bebel war es auch, der sich für die Schaffung eines Zentralorgans einsetzte, dass im Ausland gedruckt und nach Deutschland geschmuggelt werden sollte. 1879 erschien in Zürich "Der Sozialdemokrat", zu dessen Redaktionsmitgliedern u.a. Bebel, Liebknecht und Fritzsche gehörten. Weitere Repressionen folgten 1881 mit Verhängung des kleinen Belagerungszustandes über Leipzig. In Folge wurden am 28. Juni 1881 verschiedene Sozialisten aus Leipzig ausgewiesen, woraufhin Bebel mit Liebknecht in einen Vorort Leipzigs zog und von dort aus weiter politisch tätig blieb. Im Jahr 1887 fand in St. Gallen der letzte illegale Parteitag der SAP statt, da Bismarck 1889 mit seinem Versuch scheiterte, das Sozialistengesetz auf unbegrenzte Dauer zu verlängern. Die Erfahrungen dieser Jahre führten bei Bebel zu einer deutlich kritischeren Haltung zum Parlamentarismus und stärkten seine marxistische Orientierung.
Seine führende Rolle in der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung behielt Bebel auch in den Folgejahren bei und wurde in dieser auch 1892 durch die Wahl zu einem der Vorsitzenden der nunmehr umbenannten SPD bestätigt. An der Erarbeitung des Erfurter Programms, das die Partei auf einen deutlich marxistischen Kurs brachte, war er maßgeblich beteiligt. Konflikte gab es innerhalb der Partei immer wieder zwischen der sozialdemokratischen Linie Bebels und den revolutionären Sozialisten auf der einen sowie den reformistischen und auf Parlamentarismus setzenden Sozialdemokraten auf der anderen Seite. Hierbei versuchte Bebel einen Mittelweg zwischen dem Festhalten an marxistischen Grundsätzen und praktischer Politik zu finden. Der innerparteiliche Streit zwischen den Marxismus revidierenden Genossen rund um Eduard Bernstein und marxisitisch Orthodoxen wie sie durch Karl Kautsky verkörpert wurden, brachte die Führung der Partei sowie auch Bebel zu einem schweren Stand. Auch wenn es Bebel in den folgenden Jahren gelang, die marxistische Linie beizubehalten, verschärften sich die innerparteilichen Konflikte zunehmend und vorallem unter den Gewerkschaftsführern verstärkte sich eine eher auf praktische Reformen gerichtete Orientierung. 
Nach der russischen Revolution 1905 nahm in der deutschen Sozialdemokratie die Bedeutung des linken, revolutionär sozialistischen Flügels rund um Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Clara Zetkin zu. Besonders Auseinandersetzung um das Thema Massenstreik als Mittel der Offensive oder der Defensive spaltete die Partei. Der Massenstreik war auch Thema des Internationalen Sozialistenkongresses 1907 in Stuttgart. Hier legte Bebel eine Resolution zur Frage des Verhaltens der SPD bei einem möglichen Kriegsausbruch vor. In einem solchen Fall sollten die sozialistischen Parteien das nach ihrer Ansicht Wirkungsvollste zur Verhinderung eines Krieges tun. Die konkrete Festlegung auf Aktionen wie Generalstreik lehnte Bebel jedoch als möglicherweise verhängnisvoll für die Partei ab, woraufhin er von führenden französischen Sozialisten als Revisionist und die deutsche Sozialdemokratie als verbürgerlicht betitelt wurde. Auch die Revolutionäre um Rosa Luxemburg kritisierten, dass sich Bebel und mit ihm die Partei wieder zunehmend auf die parlamentarische Arbeit fokussieren und von revolutionären Wegen der gesellschaftlichen Veränderung abwenden würde.
Besonders auseinander fielen die Ansichten der revolutionären Sozialisten und Bebels in der Frage des Krieges. Unter der Führung Bebels verfolgte die SPD insgesamt einen Kurs gegen die imperialistische Politik des "Deutschen Reiches". Menschenrechtsverletzungen und Aufrüstung wurden angeprangert sowie ein Krieg zwischen Deutschland und Frankreich  strikt abgelehnt. Eine Gefahr für den Frieden sah Bebel jedoch im Imperialismus des Russischen Kaiserreiches und lehnte kriegerische Auseinandersetzung zur Verteidigung Deutschlands gegen jenes nicht ab. Auf seiner letzten großen außenpolitischen Rede warnte er 1911 jedoch letztlich vor jeder Kriegspolitik.
In seinen letzten Jahren litt Bebel an seiner schwachen körperlichen Verfassung, zu der 1907 ein Herzleiden hinzukam. Nachdem der führende Sozialdemokrat am 13. August 1913 in Passugg in der Schweiz während eines Sanatoriumaufenthaltes an Herzversagen starb, strebten die sich gegenüberstehenden Kräfte innerhalb der Partei stetig weiter auseinander - besonders an der Frage der Haltung zum imperialistischen Krieg. Auf Seiten der revolutionären Sozialisten folgte zu Ende des Ersten Weltkrieges die Abspaltung der USPD und später die Gründung der KPD.
In Erinnerung blieb Bebel der deutschen Arbeiterbewegung trotz aller Auseinandersetzungen als Vorkämpfer marxistischer Ideen und Verfasser wegweisender Schriften und Reden.
 
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