Ernst Schneller

8. November 1890 Leipzig-Eutritzsch 
11. Oktober 1944 KZ Sachsenhausen
 
Wie Theodor Neubauer fand auch Ernst Schneller, einer der führenden Funktionäre der KPD, über den Lehrerberuf den Weg zur revolutionären Arbeiterbewegung. Er war das sechste Kind eines Eisenbahners, der 1895 tödlich verunglückte. Nur unter großen Opfern konnten die Mutter und die älteren Brüder dem begabten Jungen den Besuch des Grimmaer Lehrerseminars ermöglichen. 1911 trat Ernst Schneller in der Ortschaft Kirchberg im Erzgebirge sein Lehramt an. Schnell eroberte sich der junge Pädagoge die Zuneigung der Schüler und das Vertrauen der Eltern. Im Umgang mit ihnen schärfte sich sein kritischer Blick für die sozialen Zustände im kaiserlich-imperialistischen Deutschland. 
Als junger Offizier nahm Ernst Schneller am ersten Weltkrieg teil. An der Ostfront erlebte er die revolutionäre Erhebung der Arbeiter, Bauern und Soldaten Rußlands und die Errichtung der Sowjetmacht, des ersten sozialistischen Staates der Werktätigen. Das übte entscheidenden Einfluß auf seine weitere politische Entwicklung aus. Er nahm als Mitglied eines Soldatenrates an der Verbrüderung deutscher und russischer Soldaten in der Ukraine teil. Nach dem Krieg lebte und lehrte er bis 1924 in Schwarzenberg. Hier trat Ernst Schneller 1919 zunächst der SPD bei, wurde jedoch schon ein Jahr später Mitglied der KPD. In ihren Reihen wirkte er unermüdlich für die Befreiung der deutschen Arbeiterklasse und des ganzen deutschen Volkes von kapitalistischer Ausbeutung, Unterdrückung, Krisen- und Kriegskatastrophen. Viel beschäftigte er sich mit der Jugend. Er erzog zahlreiche junge Arbeiter und Arbeiterinnen zu entschlossenen Kommunisten und zu Freunden der jungen Sowjetmacht. Ernst Schneller wurde bald über das Erzgebirge hinaus populär. 1921 wählten ihn die Werktätigen in den Sächsischen Landtag, und von 1924 bis 1933 war er Reichstagsabgeordneter. Der ehemalige Offizier hatte 1923 entscheidenden Anteil am Aufbau und an der Ausbildung der proletarischen Hundertschaften in Sachsen, der bewaffneten Einheitsfrontorgane der Arbeiterklasse zur Abwehr von Provokationen und Überfällen reaktionärer Kräfte. 1923 wurde er Vorsitzender des Ständigen Militärischen Rates bei der Zentrale der KPD. Er gehörte von 1924 bis 1929 der Bundesleitung des RFB an. 1924 wurde er in die Zentrale, 1925 und 1927 in das Zentralkonmitee gewählt. Von 1924 bis 1928 war er Mitglied des Politbüros und Sekretär des Zentralkomitees. An der Seite Ernst Thälmanns, Wilhelm Piecks, Walter Ulbrichts und anderer marxistisch-leninistischer Kräfte rang er um die Einheit und Geschlossenheit der KPD und schuf gemeinsam mit ihnen die Voraussetzung für eine breite Massenarbeit der Partei. Die Delegierten des VI. Weltkongresses der KI 1928 wählten den deutschen Arbeiterführer als Kandidaten in ihr Exekutivkomitee. Von 1929 bis 1932 war er für die politische Leitung der Reichsparteischule ,,Rosa Luxemburg" in Fichtenau bei Berlin verantwortlich. 
Ernst Schneller wurde einer der hervorragendsten Militärpolitiker und Propagandisten der KPD. In vielen Publikationen und Reichstagsreden enthüllte er die geheime Aufrüstung der deutschen Monopolisten und die Umtriebe der Militaristen. Er wandte sich an Angehörige der Reichswehr und der Polizei, um sie für den Kampf gegen imperialistische Reaktion, Revanchepolitik, Militarismus und Faschismus sowie für die Verteidigung der demokratischen Lebensrechte des Volkes zu gewinnen. Er leistete eine umfangreiche Arbeit in den "Aufbruch"- Kreisen, in denen sich seit 1931 ehemalige Angehörige der Reichswehr mit Kommunisten zum gemeinsamen Kampf gegen die drohende faschistische Gefahr zusammenfanden. Das Sekretariat des Zentralkomitees beauftragte Ernst Schneller im Mai 1952 mit der Leitung der Kommission zur Entwicklung der Antifaschistischen Aktion. In dieser Funktion hatte er bedeutenden Anteil daran, dass im Sommer 1932 durch gemeinsame Aktionen der Werktätigen der Faschisierungsprozeß zeitweise gehemmt Wurde. 
In der Nacht nach der faschistischen Reichstagsbrandprovokation verhafteten die Faschisten auch Ernst Schneller und verurteilten ihn im November 1933 zu sechs Jahren Zuchthaus. Nach der Haft wurde er im Juli 1939 aus dem Zuchthaus Waldheim in das KZ Sachsenhausen gebracht. Hier wirkte der kühne und energische Mann in der Leitung der illegalen Parteiorganisation im Lager und trug dazu bei, die Zusammenarbeit mit den Gefangenen aus anderen Ländern zu festigen. Mit anderen Kommunisten führte er Zirkel zum Studium des Marxismus-Leninismus und zur Geschichte der deutschen und der internationalen Arbeiterbewegung durch. Er organisierte Solidaritätsaktionen und leitete gemeinsam mit einem sowjetischen Generalmajor die Vorbereitung zum bewaffneten Aufstand. 
Im Frühjahr 1944 übermittelten Anton Saefkow, Franz Jacob und Bernhard Bästlein den Kommunisten in Sachsenhausen auf geheimen Wegen das bedeutende politische Dokument der operativen Leitung der KPD ,,Wir Kommunisten und das Nationalkomitee "Freies Deutschland" ". Ernst Schneller verfasste gemeinsam mit anderen Mitgliedern der illegalen Leitung der KPD im Lager eine grundsätzliche Stellungnahme. Sie enthielt außerordentlich bedeutsame Ergänzungsvorschläge und Empfehlungen zur Weiterführung des illegalen Kampfes für den Sturz der Hitlerdiktatur, die Beendigung des Krieges und die Errichtung eines demokratischen Deutschlands, in dem die Arbeiterklasse alle Möglichkeiten für die Errichtung der sozialistischen Gesellschaft haben sollte. 
Im August 1944 wurden über 100 deutsche, französische, polnische und sowjetische Gefangene, überwiegend Kommunisten, von einer Sonderkommission der Gestapo in die Isolierbaracke zur ,,Vernehmung" gebracht. Unter ihnen befand sich auch Ernst Schmeller, der trotz schrecklicher Misshandlungen seinen Peinigern aufrecht und standhaft entgegentrat. Mit Gustl Sandtner, Matthias Thesen und weiteren 21 führenden Funktionären der illegalen Organisation der KPD im Lager sowie drei französischen Kommunisten wurde der treue Sohn der deutschen Arbeiterklasse und unermüdliche, konsequente Kämpfer für Frieden, Demokratie und Sozialismus erschossen.
 
 
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