Julius Vahlteich

30. Dezember 1839 Leipzig
26. Februar 1915 Chicago

Julius Vahlteich war eine der führenden Figuren der frühen Sozialdemokratie Deutschlands und stand in enger persönlicher wie organisatorischer Verbindung zu Persönlichkeiten wie August Bebel, Wilhelm Liebknecht oder Ferdinand Lassalle. Am 30. Dezember 1839 wurde er als Sohn eines Schuhmachermeisters in Leipzig geboren. Bis1853 besuchte er die Ratsfreischule und schloss daran eine Lehre als Schumacher an. In den zwei folgenden Jahren der Gesellenschaftswanderschaft lernte er Veteranen der Revolution von 1848 kennen und beschäftigte sich mit den Schriften der frühen Theoretiker des Kommunismus wie zum Beispiel Wilhelm Weitling und französischer Frühsozialisten.
In Leipzig war Vahlteich ab 1861 Mitglied des Gewerblichen Bildungsvereins. Die Forderung einer Minderheit innerhalb des Vereins, der auch Vahlteich angehörte, nach politischer Orientierung konnte hier jedoch nicht umgesetzt werden und so gründeten die sozialdemokratisch orientierten Mitglieder im Oktober 1862 den Arbeiterverein "Vorwärts". Er übernahm neben Friedrich Wilhelm Firtzsche den Vorsitz im Zentralkomitee zur Vorbereitung des ersten Arbeiterkongresses seit 1848.
Anfang 1862 stellte Vahlteich aufgrund seiner Vorstellungen zur genossenschaftlichen "Organisation der Arbeit" einen Kontakt zu Ferdinand Lassalle her und gehörte mit zu den Unterzeichnern eines Schreibens, welches jenen bat, eine Führungsrolle in der Arbeiterbewegung zu übernehmen. Am 23.05.1863 gehörte Julius Vahlteich zu den zwölf Delegierten, die im Leipziger "Pantheon" den "Allgemeinen Arbeiterverband" (ADAV) gründeten und dessen Sekretär im zentralen Vereinsvorstand in Berlin er wurde. Aufgrund wachsender Spannungen zwischen Vahlteich und Lassalle wegen dessen "diktatorischen Führungsstils" bei gleichzeitiger Inaktivität und Avancen gegenüber dem preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck, trat Vahlteich am 12. Januar 1864 von dieser Stellung zurück und arbeitete wieder als Schumacher in einer Kleinstadt bei Dresden. Er blieb zwar Bevollmächtigter des ADAV in Dresden, wurde jedoch im Dezember 1864 aus dem ADAV ausgeschlossen.
Vahlteich betätigte sich nichtsdestotrotz weiter im Sinne der Sozialdemokratie. Im Jahr 1866 schloss er sich der Internationalen Arbeiter-Association von Karl Marx und Friedrich Engels an und war von 1867 bis 1869 Vorsitzender des Arbeiterbildungsvereins in Dresden. Er gehörte ebenfalls zu den Delegierten, welche auf Initiative von August Bebel und Wilhelm Liebknecht 1869 in Eisenach die "Sozialdemokratische Arbeiterpartei" (SDAP) gründeten und vertrat diese von 1874 - 1877 sowie 1878 - 1881 im Walhkreis Sachsen 15 (Mittweida). Julius Vahlteich war außerdem Redakteur einer der ersten sozialdemokratischen Lokalzeitungen - des "Crimmitschauer Bürger- und Bauernfreundes" und ab 1872 Leiter der Redaktion der "Chemnitzer Freien Presse" sowie Prokurist der "Chemnitzer Genossenschaftsdruckerei". Mit dem Verbot der Zeitungen und ihres Drucks durch das Sozialistengesetz war diese Existenz- und politische Wirkbasis jedoch 1878 zersört.
Nach zwei Jahren Gefängnisstrafe wegen "Preßvergehen", welche Vahlteich in Chemnitz verbrachte, war er wirtschaftlich wie körperlich-geistig zermürbt. 1881 wanderte er in die USA aus und arbeitete dort erst als Schuhmacher und später als Photograph in Chicago. 1901 wurde er Redakteur der New Yorker "Volkszeitung", kehrte jedoch 1908 aufgrund von Krankheit zu seinem Sohn nach Chicago zurück, wo er weiter als freier Journalist arbeitete. Seine letzte Reise nach Deutschland im Jahr 1910 nutzte Julius Vahlteich, um für die Ideen des Sozialismus zu werben und mehrfach verbotene Vorträge dazu zu halten.
Am 26. Februar 1915 verstarb Julius Vahlteich in Chicago und blieb der Sozialdemokratie in Erinnerung als wortgewandter Gegner des Lassalleanismus sowie ideenfester Vorreiter der frühen Arbeiterbewegung.


Text: [218; 230]

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